Aufführung und Lesungen der Auswahl 2020 vom 19. bis 21.11.2021 am Theaterhaus G7 in Mannheim

Foto © Galina Franzen. 

Ja, wir waren da. Der Wasserturm (Wahrzeichen der Stadt Mannheim), das Theaterhaus G7 und eines der vorgestellten Stücke auf einem Bild.

Vom 12. bis 14.11.2021 fand am Theaterhaus G7 in Mannheim in Zusammenarbeit mit MEHR ALS CEVIRMEK: SPRACHEN VERKEHREN (Projekt Zeitraumexit) die Vorstellung der Stücke der Auswahl 2020 des deutschschprachigen Komitees EURODRAM statt.

Das im Folgenden abgebildete Programmheft können Sie als PDF herunterladen oder durch Klick vergrößern.

Die Stücke:

Schwarze Schwäne von Christina Kettering (Drei Masken Verlag)
UND von Sean Keller
Höllenkinder von Gabriele Kögl

Kurze Inhaltszusammenfassungen der Stücke der Auswahl finden Sie im Programmheft oben.

Zusätzliche Empfehlungen:

Der letzte Mensch von Philipp Weiss (Suhrkamp Verlag), Goldzombies von Marisa Wendt (Drei Masken Verlag)

Theaterleiterin und Autor*innen

Inka Neubert, Leiterin Theaterhaus G7 / Sean Keller, Autor "UND" / Christina Ketterin, Autorin "Schwarze Schwäne", wegen Krankheit leider nicht dabei (Foto: Eurodram Archiv) / Gabriele Kögl, Autorin "Höllenkinder" Fotos © Elisa Berdica

Aufführung „UND“ und Diskussion (12.11.2021)

Sina Peris und Maximilian Wex bei der Uraufführung. Fotos © Theaterhaus G7

Carsten Brandau zu Vorstellung und Diskussion:

Die Präsentation des Theatertextes „Und“ von Sean Keller in Mannheim ist anders. Sie ist besonders, im wahrsten Sinne des Wortes ungewöhnlich, außergewöhnlich. Denn gewöhnlicherweise präsentiert das deutsche EURODRAM-Komitee seine von ihm ausgewählten Texte in Lesungen. Nicht so Kellers „Und“. Denn „Und“ hatte im Oktober 2020 seine Uraufführung am Mannheimer Theaterhaus G7 in der Regie von Inka Neubert – und so sieht das Publikum bei der diesjährigen Präsentation nicht nur eine Lesung, sondern eine komplette Inszenierung. Mit zwei Personen, einer Schauspielerin und einem Schauspieler (Sina Peris und Maximilian Wex), hat Neubert „Und“ eindrücklich in Szene gesetzt – einen Text, der die herkömmliche Form des Dramas weit hinter sich lässt und im besten Sinne als eine performative Textfläche, als eine rhythmische Sprachmaschine, als eine körperliche Wortwalze, die sich unerbittlich über die Rampe rollt, beschrieben werden kann.

Sina Peris, Maximilian Wex, Inka Neubert, Sean Keller, Carsten Brandau; Foto © Elisa Berdica

Anschließend an die Vorstellung erzählt Keller im Nachgespräch, dass er beim Schreiben dieses Textes – wie bei vielen seiner Texte – eigentlich eher wabernde Nebel vor Augen gehabt habe, vielleicht einen 17köpfigen Chor. Und somit hat das Nachgespräch ganz schnell sein Thema: Was bedeutet die von Neubert gewählte Umsetzung von „Und“ mit zwei Personen für den Text? Was transportiert vor allem die Binarität in der Besetzung, inwieweit überlagert sie die Intention des Textes, ergänzt oder verfälscht sie ihn? Ganz schnell landen wir bei grundsätzlichen Fragen des Theaters: Wie kann und soll Text auf der Bühne umgesetzt werden? Wie stark dürfen und müssen Regie und Spiel auf den Text zugreifen? Wie weit kann, soll, darf oder muss dieser Zugriff gehen? Dass es auf all diese Fragen aber keine eindeutigen, allgemeingültigen Antworten geben kann, garantiert, dass Theater Theater ist und dass es das auch bleibt und eben nicht der Gewöhnlichkeit anheim fällt – auch nicht an diesem Abend. Ein außergewöhnlicher Text fordert eine außergewöhnliche Umsetzung.

Carsten Brandau und Sean Keller haben schon lange vor der Lesung ein Gespräch über den Autor und "UND" geführt:„und du verzweifelst fast bei dem gedanken an die unendlichkeit"

Die Homepage enthält auch einen Kurztext zu "UND"

Ein außergewöhnlicher Abend und noch ein besonderer Anlass

Galina Franzen (Eurodram) kann den Geburtstag der Tochter im fernen Moskau nicht gemeinsam mit ihr feiern.So widmen wir ihr den Abend und stoßen an.

Lesung „Schwarze Schwäne“ und Diskussion (13.11.2021)

Aurélie Youlia, Regie und Schauspiel / Johanna Withalm, Schauspiel  Fotos © Elisa Berdica

Galina Franzen zu Lesung und Diskussion:

Das Stück „Schwarze Schwäne” von Christina Kettering wurde im Rahmen des „Mehrsprachigkeit- Projekts” von Zeitraumexit  im Theater G7 in Mannheim  von Aurélie Youlia und Johanna Withalm unter der Leitung von Aurélie Youlia gelesen. Beeindrucken war, dass beinahe  der gesamte Text des Stückes vorgetragen werden konnte. Es geht  um zwei Schwestern, die den Pflegeroboter “Rosie” erwerben, um ihre pflegebedürftige Mutter nicht ins Heim bringen zu müssen. 

Johanna Withalm / Aurélie Youlia  Fotos © Elisa Berdica

Trotz anfänglicher Schwierigkeiten scheinen die Probleme gelöst, die Mutter ist zufrieden und die ständige Überforderung der jüngeren Schwester hat ein Ende. Doch allmählich nimmt Rosie mit ihren perfektionierten Abläufen immer mehr Raum im Familienleben ein. Sie erweckt Neid und schließlich Wut.

Galina Franzen / Johanna Withjalm / ["Rosie"] / Aurélie Youlia / Wolfgang Barth  Fotos © Elisa Berdica

Aus gesundheitlichen Gründen konnte die Autorin Christina Kettering leider nicht dabei sein. Wolfgang Barth moderierte das Gespräch nach der Lesung und konnte auf manche Fragen aus dem Publikum mit Auszügen aus einem schriftlichen Interview mit Christina Kettering antworten. Etwa 20 Zuschauer waren anwesend. Galina Franzen, die das Stück ins Russische übersetzt hatte, las als kleines Beispiel für Mehrsprachigkeit  einen Abschnitt aus ihrer Übersetzung. Weitere Themen des Stückes, dessen Ende einige Fragen aufwirft, sind u.a. Künstliche Intelligenz, Tochterpflicht und Überforderung. Lesung und Gespräch waren dynamisch und gaben den Anwesenden einiges zum Nachdenken.

Die Homepage enthält mehrere Texte zu Christina Kettering: Kurztext Christina Kettering "Schwarze Schwäne"; Porträt Christina Kettering: "Schwarze Schwäne" und Interview; Portrait Christina Kettering: "Antarktis"

Lesung „Höllenkinder“ und Diskussion (13.11.2021)

Vivien Zisack / Vivien Zisack, Ann-Kathrin Kuppel / Björn Luithardt, Ann-Kathrin Kuppel, Vincenzo Tatti / Ann-Kathrin Kuppel, Vivien Zisack, Björn Luithard, Vincenzo Tatti   Fotos © Elisa Berdica

Heinz Schwarzinger zu Lesung und Diskussion:

Das Stück: ursprünglich eine Ich-Monolog-Erzählung (2016), dann ein Monolog-Hörspiel (Prix Europa 2019) und schließlich eine Dramatisierung für ein Theater mit großer Besetzung und wechselnden Bühnenbildern, alles was ein Theater eben so hergeben kann, wie die Autorin es sich wünscht. An die zwanzig Darsteller:nnen wären da nötig für eine szenische Lesung (Einrichtung Lukas Krüger vom Nationaltheater Mannheim); im Theaterhaus G7 in Mannheim unleistbar. Also sehen wir zwei Schauspielerinnen (Ann-Kathrin Kuppel, Vivien Zisack) und zwei Schauspieler (Björn Luithardt, Vincenzo Tatti) sich hinter Notenständer stellen und gemeinsam chorisch den Text der Mutterfigur sprechen. Nur ihre beiden Kinder, Hans und Leni, treten aus der Gruppe hervor, wenn sie ihren eigenen Part zu sprechen haben.

Die Lesung folgt dem Stückablauf genau, einige Striche (meist wenn viele Figuren auftreten) schaden ihm nicht. Versatzstücke gibt es keine, Musikeinsätze auch nicht, nur einige sparsame Lichteffekte. Die Zuschauer:nnen hören gespannt zu und meinen danach, dass sie das Stück gerne ganz lesen würden… Guter Applaus und eine angeregte Debatte folgen der Lesung.

Schauspieler*innen Ann-Kathrin Kuppel, Vivien Zisack, Vinzento Tatti, Björn Luithardt; Regisseur Lukas Krüger; Autorin Gabriele Kögl; Moderator Heinz Schwarzinger  Fotos © Elisa Berdica
Die Homepage enthält zwei Texte zu Gabriele Kögl: Gabriele Kögl (Höllenkinder) im Interview; Kurztext Gabriele Kögl, "Höllenkinder"

Abschlussdiskussion und Übersetzungsbrunch (14.11.2021)

Die Lesungen fanden in Kooperation mit der Initiative "Zeitraumexit" und dem Projekt MEHR ALS CEVIRMEK: SPRACHEN VERKEHREN statt. Zum Abschluss diskutierten die Teilnehmer mit den Übersetzer*innen und Mitliedern von Eurodram beim Brunch. Eine beinahe unmittelbare Konsequenz dieser Diskussion: Auf der EURODRAM-Hauptversammlung (GA) in Madrid vom 19. bis zum 21.11.2021 hat das Netzwerk beschlossen, die Bildung von Gebärdensprachenkomitees im Bereich der Sprachen zu prüfen, die Eurodram abdeckt.
Der Leiter des Projektes, Jan-Philipp Possmann, mailto:jan.possmann@zeitraumexit.de, schreibt zu dieser Abschlussdiskussion:

"Ich möchte mich nochmal bei Euch allen bedanken, dass ihr an unserem Kooperationsprojekt teilgenommen, das Programm mit euren Arbeiten und Sichtweisen bereichert und am Sonntag gemeinsam mit uns gegessen und diskutiert habt. Damit ging unser sechstägiges, sehr vielseitiges Programm zum Thema Mehrsprachigkeit und sprachliche Diskriminierung in der Bundesrepublik zu Ende." 
Teilnehmer*innen: Ülkü Süngün - Künstlerin, Kuratorin des Mehr als Cevirmek-Programms, Installation "Das Benennen", "Institut für künstlerische Migrationsforschung" (Stuttgart) / Johanna Yassira Kluhs - Dramaturgin und Kuratorin Mehr als Cevirmek-Programm (Duisburg) / Sevda Can Arslan - Medienwissenschaftlerin, Kuratorin Mehr als Cevirmek-Programm (Mannheim) / Gabriele Kögel, Autorin / Sean Keller, Autor / Charlotte Bomy, Übersetzerin, Koordinatorin des deutschsprachigen Komitees von Eurodram / Galina Franzen,  Übersetzerin, Koordinatorin des deutschsprachigen Komitees von Eurodram / Heinz Schwarzinger, Übersetzer, Mitglied im deutschsprachigen Komitee von Eurodram / Wolfgang Barth, Übersetzer, Koordinator des deutschsprachigen Komitees von Eurodram / Inka Neubert, Regisseurin und künstlerische Leiterin Theaterhaus G7.
  
Unter anderem wurde über folgende Projekte und Institutionen gesprochen:

https://afropeennes.drama-panorama.com
https://eurodram.wordpress.com
https://nesrintanc.academia.edu/research
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