Info Freek Mariën, Der Mann im Tauchanzug / Übersetzung Barbara Buri

 Foto: Sophie Nuytten
Freek Mariën, Der Mann im Tauchanzug [The Wetsuitman], Belgien 2019, Übersetzung aus dem Niederländischen von Barbari Buri, Deutschland 2020; De Nieuwe Toneelbibliotheek (Original) / Verlag der Autoren (Übersetzung)

Der Autor / The Author

Freek Mariën (Ghent, Belgium, 1988) is an author and a theater maker. He studied drama at KASK in Ghent. He and Carl von Winckelmann are the artistic leaders of the theater ensemble Het Kwartier, mounting productions for young people and adults that emphasize powerful writing, socially relevant topics, and unexpected forms and themes. He has written for ensembles including ARSENAAL/LAZARUS, Circus Ronaldo, Tuning People, and Laika. He also teaches writing as a guest instructor at LUCA Drama. Freek has won awards such as the Dutch-German Kinder- und Jugenddramatiker*innenpreises 2012 and 2020 for plays for young people, the East Flanders Literary Prize 2014 and the Toneelschrijfprijs for the best Dutch-language play (winner in 2015, nominated in 2017 and 2019). His writings have been translated into German, French, Finnish, and English, with public readings and performances in various European countries and the United States. The „Wetsuitman“ is one of the plays selected 2023 by the English speaking committee of EURODRAM (translation: David McKay).

Freek Mariën (Gent, Belgien, 1988) ist Autor und Theatermacher. Er studierte Schauspiel an der KASK in Gent. Er und Carl von Winckelmann sind die künstlerischen Leiter des Theaterensembles Het Kwartier, das Produktionen für Jugendliche und Erwachsene auf die Beine stellt, die sich durch kraftvolle Texte, gesellschaftlich relevante Themen und unerwartete Formen und Themen auszeichnen. Er hat für Ensembles wie ARSENAAL/LAZARUS, Circus Ronaldo, Tuning People und Laika geschrieben. Außerdem unterrichtet er Schreiben als Gastdozent bei LUCA Drama. Freek ist Preisträger des Niederländisch-Deutschen Kinder- und Jugenddramatiker*innenpreises 2012 und 2020 des Ostflämischen Literaturpreises 2014 und des Toneelschrijfprijs für das beste niederländischsprachige Theaterstück (Gewinner 2015, nominiert 2017 und 2019). Seine Texte wurden ins Deutsche, Französische, Finnische und Englische übersetzt mit öffentlichen Lesungen und Aufführungen in verschiedenen europäischen Ländern und in den Vereinigten Staaten. „The Wetsuitman“ ist in der Übersetzung von David McKay Auswahlstück 2023 des englischsprachigen Komitees Eurodram.

Das Stück / The play

2015. On the coast of Norway, an architect walks his dog. What looks like an oil slick by the cliffs turns out to be a wetsuit, a human bone protruding from the leg-hole. The Wetsuitman begins as a Scandinavian crime thriller, and unpeels like an onion, switching between perspectives and genres to become a profound and interlayered meditation on identity, expectation, race, and migration.

Ultimately the play becomes a search for the truth— not only for the nature of the Wetsuitman but for the nature of a world in which he could wash up on a cold Norwegian beach.

2015. An der Küste Norwegens geht ein Architekt mit seinem Hund spazieren. Was wie ein Ölfleck an den Klippen aussieht, entpuppt sich als Neoprenanzug, aus dessen Beinloch ein menschlicher Knochen ragt. Der Neoprenanzugmann beginnt wie ein skandinavischer Krimi und entblättert sich wie eine Zwiebel, indem er zwischen Perspektiven und Genres wechselt, um zu einer tiefgründigen und vielschichtigen Meditation über Identität, Erwartung, Rasse und Migration zu werden.

Letztlich wird das Stück zu einer Suche nach der Wahrheit – nicht nur nach dem Wesen des Wetsuitman, sondern auch nach dem Wesen einer Welt, in der er an einem kalten norwegischen Strand angespült werden könnte.

Lesungen der Übersetzung / Translation readings

A partial recorded reading (as an audioplay on location) as part of the Dramatiker*innenfestival in Graz 2021

Teilweise aufgezeichnete Lesung (als Hörspiel vor Ort) im Rahmen des Dramatiker*innenfestivals in Graz 2021

Förderungen, Preise / Grants, prices

Winner Translation Award by Flanders Literature and Performing Arts Fund NL 2019
Winner Dutch-German Kinder- und Jugenddramatiker*innenpreis 2020

Gewinner des Übersetzungspreises des Flanders Literature and Performing Arts Fund NL 2019
Gewinner des Niederländisch-Deutschen Kinder- und Jugenddramatiker*innenpreises 2020

„Der Mann im Tauchanzug“ wurde bereits in folgende Sprachen übersetzt / „The Wetsuitman“ has already been translated into the following languages.: English and Finnish

Eine Übersetzung ins Französische ist in Arbeit / Translation into French in work

Die Übersetzerin / The translator Barbara Buri

Foto: Franziska Hund

Barbara Buri (Switzerland, Täuffelen, 1939) is an actress, costume designer and translator. She translated renowned Dutch and Flemish playwrights such as Bart Moeyaert, Ad de Bont, Arne Sierens and Jeroen Olyslaegers. She lives in Frankfurt am Main.

Barbara Buri (Schweiz, Täuffelen, 1939) ist Schauspielerin, Kostümbildnerin und Übersetzerin. Sie übersetzte bekannte niederländische und flämische Dramatiker wie Bart Moeyaert, Ad de Bont, Arne Sierens und Jeroen Olyslaegers. Sie lebt in Frankfurt am Main.

Info María Velasco González, ICH WILL DIE MENSCHEN AUSRODEN VON DER ERDE / Übersetzung Franziska Muche

Foto: Miguel Ángel Altet
María Velasco Gonzáles, Ich will die Menschen ausroden von der Erde [Talaré a los hombres de sobre la faz de la tierra], Madrid 2020,  Übersetzung aus dem Spanischen von Franziska Muche, Berlin 2022

Die Autorin / The author

María Velasco hat mehr als ein Dutzend Theaterstücke veröffentlicht, 2022 erschienen fünf ihrer Stücke unter dem Titel Parte de lesiones (Personenschaden) in einem Sammelband im renommierten Verlag La Uña Rota. Ihr Stück Die Einsamkeit der Hundesitter (The Loneliness of Dog Sitters) liegt in der Übersetzung von Franziska Muche und Carola Heinrich als Teil der Anthologie Schattenschwimmer. Neue Theatertexte aus Spanien (Neofelis, Oktober 2022) vor. Für Talaré a los hombres de sobre la faz de la tierra (dt. Ich will die Menschen ausroden von der Erde, aus dem Spanischen von Franziska Muche) wurde sie 2022 mit dem Premio Max als beste Theaterautorin und dem internationalen Autor*innenpreis des Heidelberger Stückemarkts ausgezeichnet.

María Velasco has published more than a dozen plays, and in 2022 five of her plays appeared under the title Parte de lesiones (Personal Injury) in an anthology published by the renowned La Uña Rota. Her play La soledad del paseador de perros (The Loneliness of Dog Sitters) is available in translation by Franziska Muche and Carola Heinrich as part of the anthology Schattenschwimmer. New Theater Texts from Spain (Neofelis, October 2022). For Talaré a los hombres de sobre la faz de la tierra (Engl. I will wipe men off the face of the earth; translation into English by Kelsi Vanada, from Spanish into German by Franziska Muche) she was awarded the Premio Max as best playwright and the international playwright prize of the Heidelberg Stückemarkt in 2022.

Das Stück / The play

Familienausflug ins Grüne. Es gibt fettes Fleisch und Alkohol und ein junges Mädchen schreibt, an einem Baum gelehnt, in ihr Tagebuch – bis sie bemerkt, dass ihre Haare am Harz des Baumes festkleben und der Vater mit der Schere anrückt. Dasselbe Mädchen wird später von der Mutter ihres Exfreundes belehrt, begräbt ihren Onkel, prostituiert sich zur Finanzierung ihrer Promotion, versagt bei der Verteidigung in den Augen der männlichen Prüfer und kehrt schließlich zum Baum zurück. Ein subtiles, schmerzhaftes Stück über Misogynie und Rollenmuster, für das María Velasco mit dem Internationalen Autor*innenpreis des Heidelberger Stückemarktes und dem Max Award 2022 für das beste Theaterstück ausgezeichnet wurde.

Family outing in the countryside. There is fatty meat and alcohol and a young girl, leaning against a tree, writes in her diary – until she notices that her hair is stuck to the resin of the tree and her father approaches with the scissors. The same girl is later lectured by her ex-boyfriend’s mother, buries her uncle, prostitutes herself to finance her doctorate, fails her defense in the eyes of male examiners, and finally returns to the tree. A subtle, painful play about misogyny and role patterns, for which María Velasco was awarded the International Autor*innenpreis of the Heidelberg Stückemarkt and the Max Award 2022 for the best play.

Lesungen der Übersetzung / Translation readings

Heidelberger Stückemarkt, 7.5.2022. Buchmesse Frankfurt, Spanischer Pavillon (Wh der Heidelberger Lesung): 19.10.2022.  Theaterhaus G7, Mannheim 12.11.2022

Heidelberg Stückemarkt, 7.5.2022. Frankfurt Book Fair, Spanish Pavilion (replay of the Heidelberg Reading): 19.10.2022. Theaterhaus G7, Mannheim 12.11.2022.

Förderungen, Preise / Grants, prices

Internationaler Autor*innenpreis des Heidelberger Stückemarkts

International Author Award of the Heidelberg Stückemarkt

Ich will die Menschen ausroden von der Erde“ wurde bereits in folgende Sprachen übersetzt: Französisch, Englisch / I will wipe men off the face of the earth has already been translated into the following languages: French, English

Die Übersetzerin / The translator Franziska Muche

Foto: Lolo Vasco

Franziska Muche ist freie Übersetzerin für Theater. Sie ist Diplomkulturwirtin mit Schwerpunkt Spanien/Lateinamerika (Univ. Passau), Licenciada in Übersetzung und Dolmetschen (Univ. Granada) und ausgebildete Schauspielerin (Michael Tschechow Studio/ZAV). Von 2013 bis 2016 leitete sie die Reihe szenischer Lesungen Ambigú in der Alten Kantine Wedding, seit 2022 leitet sie Ambigú gemeinsam mit Alexander Schröder im Berliner Theater unterm Dach (www.ambigu.info). Sie übersetzt zeitgenössische Theatertexte aus dem Spanischen und, zusammen mit Pilar Sánchez Molina, auch ins Spanische, und übertitelt Gastspiele. Zu ihren Übersetzungen zählen u.a. Texte von Sergio Blanco, Manuela Infante, María Velasco, Guillermo Calderón, Jose Manuel Mora; Marius von Mayenburg, Sibylle Berg und Rebekka Kricheldorf. 2020 wurde sie mit einem Exzellenzstipendium des Deutschen Übersetzerfonds ausgezeichnet. 2021 und 2022 war gab sie mit Carola Heinrich zwei Anthologiebände zur spanischsprachigen Dramatik heraus und leitete die damit verbundenen Veranstaltungen im Rahmen von panorama#1 und panorama#2 von Drama Panorama e.V. Seit 2021 hält sie Vorträge und Seminare zur Theaterübersetzung an Hochschulen. Sie lebt in Berlin.

Franziska Muche is a freelance translator for theater. She holds a degree in Cultural Studies with a focus on Spain/Latin America (Univ. Passau), Licenciada in Translation and Interpreting (Univ. Granada) and is a trained actress (Michael Tschechow Studio/ZAV). From 2013 to 2016 she directed the series of staged readings Ambigú at the Alte Kantine Wedding, since 2022 she directs Ambigú together with Alexander Schröder at the Berliner Theater unterm Dach (www.ambigu.info). She translates contemporary theater texts from Spanish and, together with Pilar Sánchez Molina, also into Spanish, and surtitles guest performances. Her translations include texts by Sergio Blanco, Manuela Infante, María Velasco, Guillermo Calderón, Jose Manuel Mora; Marius von Mayenburg, Sibylle Berg, and Rebekka Kricheldorf. In 2020, she was awarded an Excellence Scholarship from the German Translator Fund. In 2021 and 2022 she edited two anthology volumes on Spanish-language drama with Carola Heinrich and directed the associated events as part of panorama#1 and panorama#2 of Drama Panorama e.V. Since 2021 she has given lectures and seminars on theater translation at universities. She lives in Berlin.

www.franziskamuche.de

Info Juan Mayorga, HIMMELWEG / Übersetzung Stefanie Gerhold

 Foto: David Ruano
Juan Mayorga, Himmelweg [Himmelweg], Madrid 2003; Übersetzung aus dem Spanischen von Stefanie Gerhold, Berlin 2022
Neofelis Verlag, Berlin 2022 in: F. Muche / C. Heinrich [Hrsg.], Schattenschwimmer, neue Theatertexte aus Spanien; Aufführungsrechte: Hartmann & Stauffacher Verlag, Köln

Der Autor / The author

Juan Mayorga (*1965 Madrid) zählt zu den bedeutendsten Dramatikern Spaniens. Seine zahlreichen Theaterstücke wurden in mehr als dreißig Sprachen übersetzt, auf Bühnen Europas, Amerikas und Asiens inszeniert und vielfach ausgezeichnet. Zuletzt erhielt er 2022 den Premio Princesa de Asturias de las Letras. Seit 2018 ist er Mitglied der Real Academia Espaiiola. Er unterrichtet Szenisches Schreiben an der Universidad Carlos III in Madrid und ist künstlerischer Leiter des ebenfalls dort ansässigen Teatro de la Abadfa. Er lebt in Madrid.

Juan Mayorga (*1965 Madrid) is one of Spain’s most important playwrights. His numerous plays have been translated into more than thirty languages, staged on stages in Europe, America, and Asia, and have won numerous awards. Most recently, he received the Premio Princesa de Asturias de las Letras in 2022. He has been a member of the Real Academia Espaiiola since 2018. He teaches scenic writing at the Universidad Carlos III in Madrid and is artistic director of the Teatro de la Abadfa, also based there. He lives in Madrid.

Das Stück / The play

Ein Delegierter des Internationalen Roten Kreuzes besucht ein Konzentrationslager. Ihm wird eine heile Welt präsentiert: Flaneure im Park, spielende Kinder, bunte Luftballons. Doch kleine Unstimmigkeiten irritieren ihn, und bald ahnt er, dass man ihm etwas vorspielt. Was zunächst wirkt wie ein Theaterstück über das „Vorzeigelager“ Theresienstadt, ist ein dramaturgisch vielschichtiger Text, der die propagandistische Täuschung zur Ausgangslage nimmt für verstörende Fragen: Wie inszeniert ist unsere Wirklichkeit? Sind wir Teil eines Spiels? Wo ist die Grenze, aber der wir nicht mehr mitmachen? Das Leben der Lagerinsassen hängt von ihrer schauspielerischen Leistung ab, doch die Proben verlaufen immer grotesker, und der theatrale Rahmen selbst gerät ins Wanken.

A delegate of the International Red Cross visits a concentration camp. He is presented with an ideal world: Strollers in the park, children playing, colorful balloons. But small inconsistencies irritate him, and soon he suspects that he is being played. What at first seems like a play about the „showcase camp“ Theresienstadt is a dramaturgically complex text that takes the propagandistic deception as a starting point for disturbing questions: How staged is our reality? Are we part of a game? Where is the limit beyond which we no longer participate? The lives of the camp inmates depend on their acting performance, but the rehearsals become increasingly grotesque, and the theatrical framework itself begins to falter.

Lesungen der Übersetzung / Translation readings

Halbszenische Aufführung /DSE in Dinslaken am 2. Juli 2022. Szenische Lesung durch das Theater Heidelberg auf der Buchmesse in Frankfurt am 19.10.2022.

Semi-staged performance /DSE in Dinslaken on July 2, 2022. Staged reading by Theater Heidelberg at the Frankfurt Book Fair on Oct. 19, 2022.

Förderungen der Übersetzung / Translation promotions

Übersetzungsförderung durch die Spanische Verwertungsgesellschaft SGAE, Aufenthaltsstipendium des Goethe­ Instituts in Madrid im März 2022.

Translation grant from the Spanish Collecting Society SGAE, residency grant from the Goethe Institute in Madrid in March 2022.

„Himmelweg“ wurde bereits in folgende Sprachen übersetzt: Französisch, Englisch, Norwegisch, Portugiesisch, Italienisch. / „Heaven’s Path“ has already been translated into the following languages: French, English, Norwegian, Portuguese, Italian.

Die Übersetzerin / The translator Stefanie Gerhold

Foto: Michaela Krause

Stefanie Gerhold (*1967 München) ist Übersetzerin und Autorin. Sie hat zahlreiche Prosawerke und Theaterstücke aus dem Spanischen übersetzt und wurde zweimal mit dem Übersetzerpreis der Spanischen Botschaft in Deutschland ausgezeichnet. Zu ihren Veröffentlichen zählen mehrere Essays zu interkulturellen Fragen. Sie lebt in Berlin.

Stefanie Gerhold hat bereits mehrere Stücke von Juan Mayorga übersetzt, die der Verlag Hartmann & Stauffacher in seinem Programm führt:

Stefanie Gerhold (*1967 Munich) is a translator and author. She has translated numerous prose works and plays from Spanish and has twice been awarded the Translator’s Prize of the Spanish Embassy in Germany. Her publications include several essays on intercultural issues. She lives in Berlin.

Stefanie Gerhold has already translated several plays by Juan Mayorga, which the publishing house Hartmann & Stauffacher carries in its program:

Vorstellung der Stücke der Auswahl 2022 im Theaterhaus G7 Mannheim

Die Autor*innen der Auswahl 2022 des deutschsprachigen Komitees EURODRAM: Akın Emanuel Şipal, Raphaela Bardutzky, Rike Reiniger  
Alle Fotos dieser Seite, falls nicht anders erwähnt © Elisa Berdica
Galina Klimowa (Eurodram), Heinz Schwarzinger (Eurodram und Übersetzer R. Bardutzky Französisch), Aleksandra Lukoszek (Eurodram und Überetzerin R. Bardutzky Polnisch), Raphaela Bardutzky (Autorin FISCHER FRITZ), Emilie Leconte (Autorin BERTRAND FÄLLT AUS), Carsten Brandau (Eurodram, Autor), Wolfgang Barth (Eurodramm Koordination, Übersetzer Französisch), Pascal Wieand (Theaterhaus G7, Künstlerischer Leiter und Geschäftsführer), Inka Neubert (Theaterhaus G7, Künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin). Die Autorin Rike Reiniger (RISSE IN DEN WÖRTERN) und der Autor Akın Emanuel Şipal (MUTTER VATER LAND) sind nicht auf dem Foto, aber weiter unten im Text.

Vom 11. bis 13. November 2022 fanden am Theaterhaus G7 in Mannheim die Lesungen und szenischen Lesungen der Auswahl 2022 des deutschsprachigen Komitees EURODRAM statt:

Raphela Bardutzky, FISCHER FRITZ, Rike Reiniger RISSE IN DEN WÖRTERN und Akın Emanuel Şipal, MUTTER VATER LAND. Die Lesungen der Auswahl waren  möglich dank der Förderung durch den Deutschen Literaturfonds im Rahmen des Programmes „Neustart Kultur“ der Bundesregierung.

Sie waren eingebettet in das erstmalig durchgeführte Festival STÜCK FÜR STÜCK des Theaters, das drei weitere Stücke vorstellte: DER MANN AUS PODOLSK von Dmitri Danilow, überersetzt aus dem Russischen von Elena Finkel, ICH WILL DIE MENSCHEN AUSRODEN VON DER ERDE von María Velasco, übersetzt aus dem Spanischen von Franziska Muche, und BERTRAND FÄLLT aus von Emilie Leconte, übersetzt aus dem Französischen von Wolfgang Barth. Für diesen Teil des Festivals war das Theaterhaus G7 finanziell zuständig. Eine Förderung erfolgte über die Stadt Mannheim, das Land Baden-Württemberg und ebenfalls das Programm „Neustart Kultur“.

Auch diese drei Stücke haben etwas mit EURODRAM zu tun: Sie waren oder sind Bestandteile der Leseliste und/oder fanden den Weg in eine Shortlist. Hier zeigt sich die außerordentlich fruchtbare Zusammenarbeit zwischen dem Theaterhaus G7 und dem deutschsprachigen Komitee, was Inka Neubert und Pascal Wieand (beide Theaterleitung und Geschäftsführung) bei den Einführungen zu den Lesungen betonten. Das deutschsprachige Komitee dankt ihnen an dieser Stelle von Herzen. Was wären wir ohne euch?

Die Autor*innen Raphaela Bardutzky, Rike Reiniger, Akın Emanuel Şipal, Emilie Leconte und zwei ihrer Übersetzer*innen, Aleksandra Lukoszek (Polnisch) und Heinz Schwarzinger (Französisch) waren bei den Lesungen anwesend und haben sich dort zum Teil das erste Mal persönlich gesehen. Dmitri Danilow und María Velasco waren über Zoom zugeschaltet.

Die sechs Regisseur*innen Inka Neubert, Aurélie Julia, Jana Nerz, Pascal Wieandt, Milica Cortanovacki und Philippe Mainz waren da und natürlich die Schauspieler*innen Mirjam Birkl, Moritz Hahn, Sina Peris, Vincenzo Tatti, Thore Baumgarten, Thomas Cermak, Vivien Zisack, Julija Komerloh, Marie Scholz, Mounir Saidi, Katharina Pauls, Bernadette Evangeline Schlottbohm, Johanna Witthalm, Oliver Dawid, Maximilian Wex, Aurélie Youlia (Reihenfolge der Stücke). Linda Johnke und Marcela Snášelová (Ausstattung und Kostüm) schufen Voraussetzungen. Elisa Berdica hat professionell fotografiert.

Gedolmetscht haben Galina Franzen (Russisch), Wolfgang Barth (Französisch)  und Sabine Giersberg (Spanisch).

Ein Novum war die Moderation der Diskussionen durch namhafte, beinahe ausschließlich externe Dramaturg*innen: Sascha Hargesheimer (Nationaltheater Mannheim), Philipp Bode (Theaterhaus G7), Nazli  Saremi (Nationaltheater Mannheim), Udo Eidinger (Theater Erlangen), Maria Schneider (Theater Heidelberg), Miriam Fehlker (Theater Baden-Baden).

Die folgende PDF-Datei zeigt das Programm des Gesamtprojektes. Sie können ihm entnehmen, dass Joshua Nerz (Technische Leitung), Tom Steyer (Technik) und Robert Kammerer (Assistenz) wesentlich zum Gelingen beitrugen, erfahren, wer für Künstlerische Leitung, Organisation und EURODRAM-Koordination zuständig war, und einiges mehr.

Die Zusammenarbeit so vieler Menschen für das Theater, ihre Anwesenheit in Mannheim, ihre Persönlichkeit, besonders aber der Geist des Theaterhauses G7 und seines Publikums haben dieses Theaterwochenende zu einem unvergesslichen Ereignis gemacht.

Wolfgang Barth

Für jedes Theaterstück enthält das Programm Zusammenfassungen. Sie können es herunterladen oder direkt hier scrollen und verkleinern/vergrößern.

Szenische Lesung Dmitri Danilow, Der Mann aus Podolsk, aus dem Russischen von Elina Finkel

Die Musik zu den Tanzszenen "Chicago Seven - Kak dela Normal'no" ist auf einigen YouTube-Kanälen gesperrt. Text auf Deutsch: Wie geht's dir? Normal / Normal gibt es nicht / Uns geht's normal, wirklich nicht real [...] / Wirklich nicht real / Wirklich nicht real [...].

Ein russisches Theaterstück in einer szenischen Lesung?

Theater findet nicht im luftleeren Raum oder im Elfenbeinturm statt, sondern in einem konkreten politischen und gesellschaftlichen Kontext. Täglich fallen dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine Menschen zum Opfer. Kann man in dieser Situation die szenische Lesung eines russischen Theaterstückes durchführen?

Das europäische Netzwerk für Theater in Übersetzung EURODRAM umfasst an die dreißig nach Sprachen organisierte Lese- und Bewertungskomitees in Europa und dem angrenzenden Raum. Darunter ein ukrainisches und ein russisches.

Auch das deutschsprachige Komitee nimmt für die Auswahl 2023, die wir zurzeit vorbereiten, ukrainischsprachige und russischsprachige, ins Deutsche übersetzte Stücke an. Wir bewerten sie nach ihrer künstlerischen Qualität und dem Gewicht ihres Inhalts. Wir sehen aber auch ihre Haltung gegenüber der Demokratie und den Menschenrechten. Die Förderung eines den Angriffskrieg verherrlichenden oder das gegenwärtige politische System Russlands unterstützenden Stückes oder einer/eines diese Ziele vertretenden Autorin oder Autors käme für uns nicht in Frage. Wir sind mit den ukrainischen und russischen Autor*innen solidarisch, die sich in ihren Werken gegen die Aggression erheben.

Ein Stück von vornherein auszuschließen, weil Autor*in oder Übersetzer*in russisch sind oder russisch sprechen, wäre fatal. Viele von ihnen leben im Exil und tragen mit ihren Stücken und Übersetzungen zur Verteidigung und Etablierung demokratischer Rechte bei. Sie sind selbst Opfer des politischen Systems. Ihre Stimmen dürfen nicht zum Schweigen gebracht werden. Auch die der noch im Lande lebenden Schriftsteller*innen nicht, denen dies dort widerfährt, wenn sie, in dieser Weise beschädigt, überhaupt noch zu uns durchdringen.

Dies zur Entscheidung des Theaterhauses G7, das Stück DER MANN AUS PODOLSK von Dmitri Danilow in einer szenischen Lesung vorzustellen.

Galina Franzen, Mitglied des deutschsprachigen Komitees, deren Familie zum Teil noch in Russland lebt, die bei der Diskussion nach der Lesung des Stückes für den Autor gedolmetscht hat und ihn in Moskau besuchte, hat hierzu etwas zu sagen.

Wolfgang Barth

Für Inka Neubert, mit der ich sprach, Regisseurin der szenischen Lesung und als Künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin des Theaterhauses G7 Gastgeberin für die Lesungen in Mannheim, stellte sich die Frage, ob es derzeit generell problematisch sei, ein russisches Stück zu inszenieren, nicht. Für „Stück für Stück“ hatte sie neben der Auswahl 2022 des deutschsprachigen Komitees EURODRAM sehr viele Stücke gelesen, eine große Menge Material gesichtet. Die Herkunft des Autors habe dabei keine Rolle gespielt (siehe hierzu Inkas Aussage weiter unten).

Ist das Stück „Mann aus Podolsk“ nur in einem konkreten politischem Kontext zu sehen? Oder geht es um den Menschen unabhängig vom Land und dessen politischem System ? Sprechen wir von Willkür in einem autoritären Staat oder von einem Menschen, dessen Leben in Gewohnheiten erstarrt ist, der studiert, was ihn gar nicht interessiert, der einen Job macht, den er nicht mag, dem der Ort, in dem er lebt, egal ist? Handelt es sich um einen Russen oder einen Deutschen, Franzosen oder Amerikaner?

Für Rike Reiniger (Autorin von „Risse in den Wörtern“), die diese Fragen bei der Diskussion stellte, stand weniger das politische System im Vordergrund als der Mensch. Dmitrij Danilow war ihr per Zoom dankbar für diese Gewichtung seiner Message. Er habe von der Hilflosigkeit eines Menschen gegenüber seinen Lebensumständen erzählen wollen, von der freiwilligen Hinnahme des öden, farblosen Charakters seiner Lebensgestaltung. Dies sei eine universale Thematik, die für jeden Menschen Bedeutung erlangen könne.

Wie empfindet es ein Autor, wenn sein Text in einer anderen Sprache, unter fremdem Himmel in einem anderen Land inszeniert wird? Ist es ein Problem, dass Regisseur*innen, Dramatiker*innen, Darsteller*innen auch im übertragenen Sinne nicht immer die gleiche Sprache sprechen? Hat man als Autor ein Problem damit? Ist Dmitrij mit der Übersetzung seines Stückes „Der Mann aus Podolsk“ und der Übertragung auf die Bühne des Theaterhauses G7 in Mannheim einverstanden?

Dmitrij erzählte, er gehöre nicht zu den Autoren, die eifersüchtig eine Inszenierung verfolgen und sogar um einen Kratzer am Hals einer Schauspielerin mit einem Regisseur streiten können. Er sei immer froh, wenn seine Stücke weltweit gezeigt würden und Menschen verschiedener Kulturen seine Texte umsetzten. Im Gegenteil sei es für ihn eine spannende Erfahrung zu erleben, wie kreative Menschen anderer Länder seine Stücke lesen und interpretieren. Schade sei jedoch, dass er bei der Aufführung nicht live habe zuschauen können, besonders jetzt sei dies fast unmöglich geworden. Er sehne sich sehr nach einer solchen Möglichkeit. Die Menschen aus den Kulturbereichen der ganzen Welt müssten zusammenhalten und sich unterstützen. Dies sei seine große Hoffnung. 

Galina Franzen

Wenn ich Stücke lese, müssen sie mich persönlich berühren, damit ich sie interessant finde. Bei Danilow kommt neben der politischen Relevanz des Themas ein skurriler, absurder Witz dazu, der mich sofort angesprochen hat. Eine Situation herzustellen, die so offenbar jeder Realität widerspricht, gelingt dort sehr gut. Für mich ist tatsächlich erst einmal wichtig, ob mich der Text als solcher interessiert. Alles andere kommt danach.

Inka Neubert

Sina Peris, Vincenzo Tatti, Miriam Birkl, Moritz Hahn
Sascha Hergesheimer (Moderation, Nationaltheater Mannheim), Inka Neubert (Einrichtung), Galina Klimowa (Dolmetscherin) bei der Diskussion mit dem per Zoom zugeschalteten Autor Dmitri Danilow.

Lesung Raphaela Bardutzky, Fischer Fritz (EURODRAM AUSWAHL)

Infos: Heinz Schwarzinger zum Stück   Info Raphaela Bardutzky, Fischer Fritz
Foto © Timm Burkhardt; Raphaela Bardutzky, Autorin, Aleksandra Lukoszek, Übersetzerin Polnisch (rechts), Heinz Schwarzinger, Übersetzer Französisch (links).

Das Bild als Illustration des Stückes selbst: Die Autorin ist da, Aleksandra ist Piotra (sie gibt ihr im Stück die polnische Sprache), Heinz ist Fischer Fritz ("Wir haben so einiges gemeinsam. Und nicht nur das Beste.")

Dank Eurodram, dem europäischen Netzwerk für Theater in Übersetzung, habe ich das große Glück, dass mein Stück „Fischer Fritz“ inzwischen auf Französisch und Polnisch vorliegt – obwohl ich diesen Riesenzungenbrecher eigentlich für völlig unübersetzbar hielt.

Heinz Schwarzinger, der den Text ins Französische übertragen hat, sowie Aleksandra Lukoszek, die auf Polnisch übersetzt hat, haben mich aber eines Besseren belehrt.

Jetzt durfte ich diese zwei Sprachkünstler*innen endlich persönlich treffen, bei „Stück für Stück“ amTheaterhaus G7 in Mannheim. Wie happy kann eine Autorin sein?

Raphaela Bardutzky

Thore Baumgarten, Vivien Zisack, Thomas Cermak
Philipp Bode (Moderation, Theaterhaus G7), Raphaela Bardutzky (Autorin), Aurélie Youlia (Einrichtung)

Bei der Diskussion nach der Lesung nahm Raffaela Bardutzky Stellung zur Frage, ob für sie beim Schreiben die Erwartungshaltung des Publikums einen hohen Stellenwert hatte. Raphaela erklärte, dass sie den gesamten Text aus einem einzigen, sehr bekannten Zungenbrecher heraus etwickelt habe („Fischer Fritz…“). Der sprachliche, künstlerische Aspekt habe bei der Gestaltung des Stückes stets eine Rolle gespielt. Ola (Aleksandra) und sie hätten sich dem Problem stellen müssen, dass es für polnische Zungenbrecher kein direktes Äquivalent im Deutschen (und umgekehrt) gebe und sie von daher schwer oder gar nicht zu übersetzen seien. Das Stück setzte also an einem dem Publikum sehr bekannten Phänomen an, das im Stück durchgängig auftauche.

Lesung Akın Emanuel Şipal, Mutter Vater Land (EURODRAM AUSWAHL)

Info: Autor und Stück  Interview mit Akın Emanuel Şipal über sein Stück und das Übersetzen
Marie Scholz, Thomas Cermak, Mounir Saidi, Thore Baumgarten, Julja Komerloh
Dias: Akın Emanuel Şipal entspannt im Foyer und beim Gespräch mit dem Publikum (rechts oder links scrollen).
Nazli Saremi (Nationaltheater Mannheim, Moderation), Autor Akın Emanuel Şipal, Jana Nerz (Einrichtung)

Akın Emanuel Şipal lobte in der Diskussion die große Empathie der Schauspieler*innen, die zur lebendigen und zutreffenden Darstellung der Charaktere und Handlungen seines Stückes geführt hätten, und nahm Stellung insbesondere zu dessen autobiographischen Aspekten. Es gehe aber darüber hinaus „um ein tieferes Verständnis der türkisch-deutschen Beziehungen […], also die tief verankerte Rivalität mit und Angst vor den Osmanen, die prägend war und irgendwo unterschwellig vielleicht noch wirkt…, den ‚akademischen Austausch‘, also die Flucht jüdischer Akademiker in die junge türkische Republik, aber auch die Flucht eines Nazis nach Istandbul nach dem 2. Weltkrieg (Gerhard Fricke).“

Thema war auch die Frage nach der küntlerischen Freiheit, zu der Akın am Beispiel der Entstehung des vorgestellten Stückes Stellung nahm:

Ich schreibe nicht, was ich möchte, sondern schreibe, was ich schreiben kann, was sich schreibt… dass ich nicht gedacht habe, jetzt schreibe ich aber mal Dialoge… dass es da keine Entscheidung gab, sondern die Dialoge sich einfach anboten, der Inhalt hat sich mir in den Dialogen präsentiert… dieses gleichzeitige Auftreten von Form und Inhalt, ein Segen.

Akın Emanuel Şipal

Szenische Lesung María Velasco, Ich will die Menschen ausroden von der Erde, aus dem Spanischen von Franziska Muche

Pascal Wieand (Einrichtung), Udo Eidinger (Moderation, Theater Erlangen) und Sabine Giersberg (Dolmetscherin Spanisch) bei der Diskussion mit der per Zoom zugeschalteten Autorin María Velasco.
Beeindruckende Ausstattung von Marcela Snášelová.
Johanna Withalm, Bernadette Evangelina Schlottbohm, Katharina Pauls

Für eine Freundin als Dolmetscherin eingesprungen, war ich bei der Vorbereitung schon beim Titel ‚Ich will die Menschen ausroden von der Erde‘ am Haken und in der Folge fasziniert von dem ungeheuer dichten, wirkmächtigen Text. Richtig gepackt hat er mich dann in der Inszenierung auf der Bühne, als das Wortgewitter in Gestalt von drei starken Frauen erlebbar wurde. Ein schonungsloser Text, der bewegt, aufwühlt, schockiert, durch den allgegenwärtigen Humor und den versöhnlichen Schluss aber auch etwas Befreiendes hat.

Sabine Giersberg, Übersetzerin

Lesung Emilie Leconte, Bertrand fällt aus, aus dem Französischen von Wolfgang Barth

Aurélie Youlia,Vincezo Tatti, Marie Scholz, Oliver David (liegend); Bertrand kann zwar nicht mehr aufstehen, produziert aber Konfetti, weil "niemand sicher sein kann, dass nicht plötzlich etwas Schönes passiert".
Milica Cortanovacki (Einrichtung), Maria Schneider (Moderation,Theater Heidelberg), Autorin Emilie Laconte, Wolfgang Barth (Übersetzer des Stückes und Dolmetscher bei der Diskussion).

In der Diskussion erläuterte Emilie Leconte, dass bei ihrem Stück die eigentliche Aussage nicht in dem liege, was Bertrand, der Protagonist, und andere Personen sagten, sonder vielmehr in dem, was sich im Umgang mit ihren Fällen durch Instanzen der Gesellschaft zeige, also eher zwischen den Zeilen, im nicht Gesagten. Ihre Stücke stünden in der Tradition des absurden Theaters (Ionesco, Beckett, besonders auch Gombrowitz, dessen Protagonistin in „Yvonne, die Burgunderprozessin“ sehr viel mit Bertrand gemeinsam habe), und dies müsse sich in Inszenierungen zeigen. Die Schauspieler*innen seien im wörtlichen Sinne typisierte „Rollenträger“, nicht imitierende Darsteller natürlicher Verhaltensweisen und Vorgänge.

[Übersetzung des folgenden Textes von Wolfgang Barth]

Das Theaterhaus trägt seinen Namen zu Recht, man fühlt sich hier sofort wie zu Hause, auch wenn ich als Französin nicht alles verstehe, was dort gesprochen wird. Die Atmosphäre ist besonders sanft, einladend und warmherzig. Der Theaterraum ist so konzipiert, dass man sich sowohl den Schauspielern als auch den anderen Zuschauern nahe fühlt.

Als ich den Saal zur Lesung betrat, war der Boden mit Konfetti übersät, wie ich es mir beim Schreiben des Stücks vorgestellt hatte. Ich hatte eine Tischlesung erwartet und entdeckte zu meiner Freude eine räumliche Umsetzung, die für die Zuschauer ein starkes Bild ergab: Bertrand in der Mitte, zahlreiche Personen drängen sich um den Tisch, auf dem er liegt, und setzen sich mit dem Unerklärlichen auseinander.

Ich spreche nicht Deutsch, aber nehme dennoch den Sprach- und Spielrhythmus der Schaupielerinnen wahr, der mir gefällt und sehr passend erscheint.

Manchmal lachen die Zuschauer und ich versuche dann, die zugrundeliegende Zeile des Originals zu erfassen. Es gelingt mir nicht immer, aber darauf kommt es nicht an. Eines meiner Stücke in einer Sprache zu sehen, die ich nicht verstehe, ist für mich beeindruckend und bewegend. Ich löse mich vom Text und beobachte ausnahmsweise einmal alles andere…

Nun habe ich das Theaterhaus verlassen und kehre nach Paris zurück. Noch immer aber stehe ich unter dem Zauber dieses Ortes, dessen Engagement für die Autoren*innen so wertvoll ist, und diesen schönen Theaterbegegnungen.

Emilie Leconte

Szenische Lesung Rike Reiniger, Risse in den Wörtern (EURODRAM AUSWAHL)

Moritz Hahn als Sascha in einer außergewöhnlichen Einzelrolle.
Info: Autorin und Stück    Maxi Obexer über Rike Reiniger    Blažena Radas über Rike Reiniger
Auf dem Weg zur Untersuchungskommission der Bundeswehr tauchte Moritz Hahn bereits im Foyer auf.
Miriam Fehlker (Moderation, Theater Baden-Baden), Autorin Rike Reiniger, Philippe Mainz (Einrichtung) bei der Diskussion.

In einer Zeit, in der in der Ukraine und an anderen Stellen der Welt der Kriegt tobt und man sich fast schon daran gewöhnt hat, erscheint die von Moritz Hahn so eindringlich vorgetragene Geschichte des Soldaten Sascha, der sich wegen „schwerer Dienstrpflichtverletzung“ in Afghanistan verantworten muss, von besonderer Bedeutung. Wie sein literarisches Vorbild Edlef Köppen („Heeresbericht“), Veteran des Ersten Weltkrieges, soll auch er als verrückt erklärt werden.

Rike Reiniger schreibt in der Bahn auf dem Rückweg von der Lesung nach Hause spontan hierzu:

„Abdul. Vielleicht hieß er Abdul. „, sagt Sascha, der Soldat, und Moritz Hahn als Schauspieler fokussiert den Lichtkegel auf dem blanken Bühnenboden. Dazu hören wir Sätze aus den Boxen, deren Sinn nicht zu verstehen ist. Der tote Taliban-Kämpfer fehlt in dem Lichtkegel, wir kennen ihn nicht, werden ihn nie kennenlernen. Die Sätze der Personen, die sich für so normal halten, dass sie Sascha für verrückt erklären können, verstehen wir nicht, weil sie nicht zu verstehen sind. Es sind gerade diese Leerstellen, die meinem Stücktext über den unentwirrbaren Knoten, in dem ein Soldat in Afghanistan feststeckt, so viel hinzufügen, dass ich ihn in der Inszenierung von Philippe Mainz neu entdecke. Vielen Dank dafür!
RR

Seele des Theaterhauses G7: Künstlerische Leiter*in und Geschäftsführer*in Inka Neubert und Pascal Wieandt.

Das deutschsprachige Komitee EURODRAM bedankt sich herzlich bei allen Beteiligten und besonders beim DEUTSCHEN LITERATURFONDS, der die Lesung der Stücke der Auswahl durch seine Förderung mit dem Programm NEUSTART KULTUR ermöglicht hat.

Auswahl 2022: Liste der Übersetzungen und Übersetzungsförderungen

RAPHAELA BARDUTZKY, FISCHER FRITZ

Übersetzung polnische Textteile [im Original; Hinweis W.B.]: Aleksandra Lukoszek. Kiepenheuer Bühnenvertrieb Berlin-Dahlem; UA am 18. Juni 2022 am Deutschen Theater Berlin durch das Schauspiel Leipzig

Übersetzung ins Polnische: Aleksandra Lukoszek (aleksandra.lukoszek@gmx.de)
Übersetzung abgeschlossen. Förderung durch das Goethe-Institut

Übersetzung ins Französische: Heinz Schwarzinger (schwarzinger.heinz@gmail.com)
Übersetzung abgeschlossen. Förderung auf eigene Initiative durch die MAV (Maison Antoine Vitez)

RIKE REINIGER, RISSE IN DEN WÖRTERN

Theaterstückverlag München. UA 25.10.2018 Theater der Altmark Stendal; Buchfassung KLAK Verlag Berlin 2018

Übersetzung ins Französische: Nicole Desjardins (damedesjardins@gmail.com
Übersetzung abgeschlossen (Dezember 2022).

AKIN EMANUEL ŞIPAL, MUTTER VATER LAND

Suhrkamp Verlag AG Berlin, UA 17.06.2021 Theater Bremen

Übersetzung ins Tschechische: Viktorie Knotkova viktorie_knotkova@yahoo.com)
Übersetzung in Arbeit. Förderung durch das Goethe-Institut

Übersetzung ins Französische: Renaud Guinaudeau (renaud.guinaudeau@hotmail.fr)
Übersetzung in Arbeit.

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Maxi Obexer über Rike Reiniger, Risse in den Wörtern

Info Rike Reiniger, Risse in den Wörtern
Blažena Radas zu Rike Reiniger, Risse in den Wörtern
Der Text basiert auf einem Gespräch, das Maxi Obexer und Rike Reiniger geführt haben.

Wir wissen wenig von den Einsätzen der Bundeswehr, von den Aufträgen und von den Zielen in den Krisen- und Kriegsländern. Wer sind die Leute, die sich verpflichten – oder anstellen lassen, was sind ihre Motive? Und welche Ordnungs- und Herrschaftsstrukturen finden sie vor?

In den vielen Gesprächen, die Rike Reiniger mit Einsatzkräften der Bundeswehr geführt hat, äußert sich der dringende Wunsch, weit mehr von ihren Einsätzen zu vermitteln, um uns künftig ein besseres Urteil erlauben zu können.

Denn, so Rike Reiniger, es sollte fester Bestandteil für den demokratischen Meinungsbildungsprozess sein, Bescheid zu wissen über die Verteidigungsmacht der deutschen Bundesrepublik, schließlich sind wir die Auftraggeber.

In ihrem Stück geht es um den Einsatz in Afghanistan.

Das Stück „Risse in den Wörtern“ – besticht in seiner klaren Form: es ist ein Gerichtsprozess, der gegen einen Angeklagten Sasha geführt wird, der die Dienstvorschriften missachtet hat und nun zur Rede gestellt wird. Das Gericht – diejenigen, die urteilen und richten, sind wir – das Publikum.

 Dies erinnert an die antike Tragödie, an die ursprüngliche Funktion eines politischen Theaterstücks, es geht um die Verantwortlichkeit aller – auch dann, und besonders dann, wenn es um den einzelnen, um das Individuum geht. Um die Bedingungen der Möglichkeit, ein Individuum zu sein.

Ein weiteres Motiv aus der griechischen Tragödie greift Rike Reiniger auf, es wird zum zentralen Verhandlungspunkt: Der Angeklagte hat gegen die Vorschrift einen Menschen beerdigt, der zum feindlichen Lager gehört. Wie in der „Antigone“ von Sophokles sollte der ausgemachte Feind – hier es ist ein Taliban, nicht beerdigt werden. Dies verkündet der Ortsvorsteher, ein Vertrauter der Bundeswehr, und diese hält sich an dessen Entscheidung. Schließlich geht es um Verbündete, die einander brauchen – die einen zum Schutz, der andere zur Machtdemonstration. Alle sind sie verstrickt, in einem Krieg fallen die klaren Linien zwischen Gut und Böse; die Zuweisung in Lager impliziert die Preisgabe der Moral. Vergessen wird das Menschliche und der einzelne Mensch. Sasha macht den Fehler, dass er sich mit dem getöteten Taliban identifiziert, dass er ihn als Einzelnen ausmacht und feststellt, wie sehr er ihm ähnlich sieht. Und er befragt den Toten als Menschen, fragt nach seinen Angehörigen, fragt sich, was ihn in diesen Krieg gebracht hat. Schließlich tut er das, was auch mit seinem toten Kameraden aus dem deutschen Lager getan wurde: Mit dem spärlichen Wasser, das er noch hat, wäscht er ihm das Gesicht.

Den Fall in Afghanistan stellt Reiniger in einen historischen Rahmen, in ihre Auseinandersetzung mit Edlef Köppen und seinen Aufzeichnungen in dem Buch: „Der Heeresbericht“. Edlef Köppen und sein Buch bezeugen seinen Wandel im Ersten Weltkrieg, als dieser als freiwilliger Soldat und später Offizier später zur Einsicht kommt, dass er nicht mehr kann, dass er nicht mehr will, dass er nach all dem, was er erfahren und gesehen hat, nicht mehr in diesen Krieg gehen kann. Er verweigert, wird vors Kriegsgericht gestellt und schließlich als Verrückter in die Nervenheilanstalt überwiesen. Auch hier ergibt sich eine Analogie: Für verrückt erklärt – und damit pathologisiert, wird auch das Verhalten von Sasha.

Es gibt etliche Analogien, und die führen zu dem, was für Rike Reiniger der wesentliche Punkt ihrer Auseinandersetzung ist.

Mit dem historischen Bericht von Edlef Köppen aus dem ersten Weltkrieg rückt Reiniger ein durchgängiges Motiv in ein Kontinuum des Krieges: Es geht um die Auslöschung des Einzelnen für ein größeres Ganzes, das gerade dadurch fragwürdig wird. Nur in einem Punkt unterscheidet sich der Veteran Sasha von Edlef Köppen: Sasha ist einer, dem die Sprache fehlt, dem die Wörter fehlen für die moralische Einordnung seiner Gewissensqualen, wie sie Edlef Köppen in seinem Buch beschreibt.

Die Aussagen von Köppen werden zu einer Anwaltschaft für Sasha, vor einer Richterschaft, dem Publikum. Und dieses soll die historische Einordnung in ihrem Urteil mit bedenken.

Deutlich wird zugleich die Gegenwart. Rike Reiniger geht es um die gegenwärtige Situation der Veteranen, in die leuchtet sie hinein. Und hier zeigt sich ein weiteres durchgängiges Motiv bis heute, das Thema der gesellschaftlichen Schichten. In die kriegerischen Konflikte geraten die sozial Schwachen. Es sind oft Menschen aus prekären Verhältnissen und den unterschiedlichsten existenziellen Nöten. Während die anderen über Politik reden, finden diese sich aus ganz anderen Gründen im Schlachtfeld wieder – und mit ihren Gewissensnöten.

Neben der klaren Form beeindruckt das Stück von Rike Reiniger mit einer klaren, sofort eingängigen Sprache, die voller Details ist und die zu den Hintergründen der sogenannten Einsatzkräfte führt: Was sind heute die Bedingungen jener, die in die Bundeswehr gehen? Welche prekären Lebensverhältnisse führen dazu? Die meisten, so legen die vielen Gespräche nahe, tun es aus nicht politischen Gründen. Und meist wissen sie wenig von dem, was sie erwartet, wenig von den Situationen, den Ängsten, den Nöten, mit denen sie  konfrontiert werden. Das Stück ist auch eines über Klassismus und diskriminierende Strukturen aufgrund unterschiedlicher sozialer Positionen.

Das Stück ist im Dokumentarstil geschrieben, mit einer sehr auf die Details, auf die konkrete Situation bedachten, genauen Dramaturgie. Es nutzt zugleich die Möglichkeiten des fiktiven Rahmens, um es in einen größeren Kontext zu stellen.

Das Stück ist das dritte in einer Reihe von zwei anderen, die die Autorin zum Thema „Sozialer Mut“ geschrieben hat. Im ersten schreibt sie über Sophie Scholl, im zweiten über den „Zigeuner“-Boxer Trollmann, 1933 deutscher Meister im Halbschwergewicht, 1944 ermordet im KZ.

Alle drei Stücke sind bedeutsam und sollten, sowohl einzeln als auch als Trilogie, weiterhin auf der Bühne zu sehen sein.

Berlin, 1. November 2022

Maxi Obexer

Foto: © privat
Maxi Obexer, Theaterautorin und Schriftstellerin, wuchs in Südtirol / Italien auf; sie lebt in Berlin. Sie erhielt u.a. den Robert Geisendörfer Preis, den Eurodram-Preis 2016 für „Illegale Helfer“, sowie den Potsdamer Theaterpreis 2017 für „Gehen und Bleiben“. Der Roman "Europas längster Sommer" wurde 2017 für den Bachmannpreis nominiert. Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaft, Philosophie und Theaterwissenschaft in Berlin. Gastprofessuren in verschiedenen US-amerikanischen Universitäten, u.a. am Dartmouth College und an der Georgetown-University in Washington. Sie lehrt regelmäßig am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. 2014 gründete sie das Neue Institut für Dramatisches Schreiben, Nids. Poetik-Preisträgerin der Alice Salomon Hochschule 2023.
www.m-obexer.de

Blažena Radas zu Rike Reiniger, RISSE IN DEN WÖRTERN

Rike Reiniger, Foto © Eva Radünzel-Kitamura
Auswahl 2022 des deutschsprachigen Komitees EURODRAM: Rike Reiniger, Risse in den Wörtern, Theaterstückverlag München, UA 25.10.2018 Theater der Altmark Stendal; Buchfassung KLAK Verlag Berlin 2018
Text Maxi Obexer über Rike Reiniger, Risse in den Wörtern

Der 25jährige Alexander Philippi, genannt Sascha, ist wegen einer Dienstpflichtverletzung suspendiert und steht nun vor dem Publikum, das in diesem Stück zur bewertenden und prüfenden Untersuchungskommission wird. Sascha hat bei seinem Einsatz in Afghanistan einen getöteten Taliban, der auf dem Marktplatz verrotten sollte, heimlich begraben, weil er sich an die Worte der Verteidigungsministerin erinnert hat, daran, dass die Soldaten Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Werte verteidigten. Vor der Kommission soll Sascha das Gefecht beschreiben, in dem sein Freund Paule und der Taliban getötet wurden. „Da steht ein Mensch, schwankt hin und her. Der Mensch hat keinen Kopf mehr. Da, wo der Kopf saß, schießt ein schwarzer Strahl nach vorn. Um Gottes Willen, der Körper steht immer noch, fällt nach vorn, fällt nach hinten, ja um Gottes willen… Der Körper schlägt auf die Erde.“ Die Kommission befindet, diese Schilderung sei unglaubwürdig, sie weiche ab und klinge wie auswendig gelernt. Und tatsächlich hat Rike Reiniger hier Passagen aus dem Antikriegsbuch Heeresbericht von Edlef Köppen über den Ersten Weltkrieg eingebaut. Denn Sascha findet keine eigenen Worte, mit denen er die Bilder in seinem Kopf beschreiben könnte. Die Bilder verweigern sich und geben keine Ruhe, wenn man sie nicht versprachlicht. Die Kommission kommt zu der Entscheidung, dass Sascha alle Symptome einer akuten Belastungsstörung aufweist und somit nicht für eine Dienstpflichtverletzung zur Verantwortung gezogen werden kann.

Worte können Schutz bieten und ein Zuhause: Sascha wähnt sich glücklich, als er sich mit seiner Freundin eine gemeinsame Zukunft ausmalt, mit einem Haus, das sie bunt anstreichen wollen und einem Baby. Auf Julis Frage: „Welches Haus, Sascha?“ antwortet Sascha mit Edlef Köppen: Vier Mauern und ein Dach. Und man könnte hinzufügen: Mit soliden, festen Wörtern ohne Risse, mit Wörtern, die sich mit der Realität decken.

Die Beschaffenheit der Wörter verändert sich in diesem sprachlich kompakten und zuweilen tragisch-poetischen Stück, sie werden auf der einen Seite zusehends brüchiger und bröseliger, auf der anderen formen sie ein undurchdringliches Bollwerk, das man ebenso wenig ansprechen kann wie die gefühllose Kommission, die ihn bürokratisch und mit kalter Eloquenz krankschreibt und eine stationäre Behandlung anrät. Sascha ist einer, der den Worten zu sehr geglaubt hat und dafür bezahlen muss. Wie sagt sein ehemaliger Chef, der Bosnier Janovec, als er Sascha beim Kaffee zu Afghanistan rät: „Afghanistan ist Ponyhof im Vergleich zu Sarajevo damals. Und? Hat’s mir geschadet?“ Daraufhin schüttet er sich Schnaps in den Kaffee. So subtil und filigran baut Rike Reiniger ihr Stück.

Blažena Radas, Split, 26.10.2022

Foto © Blažena Radas
1967 in Wien geboren. Studierte Slavistik und Germanistik an der Universität in Heidelberg und lehrte deutsche Sprache, Literatur und Film in Heidelberg, Zadar und London.
Lebt seit 2007 als freischaffende Literaturübersetzerin aus dem Bosnischen/Kroatischen und Serbischen in Split und bei Heidelberg.
Seit 2014 Mitglied der Kroatischen Vereinigung freischaffender Künstler HZSU.
Seit 2019 Mitglied des europäischen Netzwerks für Theater in Übersetzung EURODRAM.

Branchentreff Theaterübersetzen am 25.09.2022 im Maxim Gorki Theater Berlin.

Wolfgang Barth, Blažena Radas, Charlotte Bomy am Stand des deutschsprachigen Komitees Eurodram beim "Begegnungsparcours" (siehe Programm). Foto: DÜF

In vielen Gesprächen konnten wir die Arbeit des deutschsprachigen Komitees erklären und Kontakte zu anderen Institutionen und Personen herstellen.

  • Andrea Zagorski (Projektleitung Gegenwartstheater und Übersetzung / Journal beim ITI) bestätigte die voraussichtliche Möglichkeit, die Jahreshauptversammlung 2023 des Netzwerkes, falls sie in Berlin stattfindet, in den Räumen des ITI durchzuführen.
  • Sandra Hetzl und Nora Haak erklärten die besonderen Schwierigkeiten der Theaterübersetzung aus dem Arabischen. Übersetzer*innen verfügen oft über ein klassisches Arabisch. Auf dieser Grundlage vorgenommene Übersetzungen sind in der Regel eher für klassisch arabische Texte geeignet. Für die zeitgenössische Theaterübersetzung sind Kenntnisse regionaler Dialekte und verschiedener regionaler Sprachen notwendig, die man nur über die tägliche Sprachpraxis und das Leben im Land oder im Kontakt mit Muttersprachler*innen erwerben kann, es sei denn, man ist selbst Muttersprachler*in und verfügt gleichzeitig über umfangreiche deutsche Sprachkenntnisse. Die Kombination beider Qualitäten ist selten, bei den Referent*innen aber gegeben. Für das arabischsprachige Komitee EURODRAM ist es wichtig, dies zu wissen (Kontakt über Wolfgang Barth). Übersetzungen von arabischen Theaterstücken ins Deutsche andererseits können beim deutschsprachigen Komitee eingereicht werden (Aufruf). Hier besteht jedoch die Schwierigkeit, dass oft die Übersetzung direkt vom gesprochenen Original auf der arabischsprachigen Bühne für ein deutschsprachiges Theater in der Praxis vorgenommen wird, der Text sich also immer wieder verändert und es nicht immer eine vertretbare schriftliche Gesamtfixierung gibt. Wir ermutigen dennoch, solche Texte für die Auswahl 2023 einzureichen.
  • Blažena Radas führte aus, dass Übersetzungen von Stücken aus Nichtmainstreamsprachen immer seltener bei deutsprachigen Verlagen oder Theatern landen. Einer der Gründe hierfür sei, dass sich die öffentliche Aufmerksamkeit auf Krisengebiete richte und den literarischen Markt in diesem Sinne orientiere. So etwa verschwand das Interesse an Übersetzungen aus dem Bosnischen, Kroatischen, Montenegrinischen und Serbischen mit dem Ende der Kriege im ehemaligen Jugoslawien und wendet sich jetzt der Ukraine zu. Daraus leitet sich der Gedanke her, das deutschsprachige Komitee könnte die Wahrnehmung weniger im Vordergrund stehender Sprachen durch die Auswahl 2023 oder durch zusätzlich zur Auswahl zu benennende Stücke fördern. Ob dies geschehen soll, bedarf allerdings einer komiteeinternen Diskussion.
  • Beeindruckend war, dass sowohl das Stück von Sybille Berg, „Es sagt mir nichts das sogenannte Draußen“, am Vorabend im Gorki Theater als auch alle Veranstaltungen des Branchentreffs in Gebärdensprache übersetzt wurden. Beim Stück befand sich die Übersetzerin auf der Bühne und spielte direkt mit, auch die Schauspielerinnen benutzten zeitweise Gesten der deutschen Gebärdensprache DGS. Die Beiträge des Branchentreffs wurden simultan von mehrern Übersetzerinnen in beide Richtungen übersetzt. Der Impulsbeitrag von Pia Jendreizik (Schauspielerin, Gebärdenpoetin) und Wera Mahne (Regisseurin) bezog sich u. a. auf die faszinierenden Erfahrungen der Gruppe „Leute wie die“, bei deren Aufführungen taube und hörende Menschen gemeinsam spielen. Die hierzu mitgeteilten Informationen und auch die Erklärungen von Pia Jendreizik zur Problematik der sprachraumübergreifenden Gebärdensprachen sind von zentraler Bedeutung für EURODRAM, da wir an der Konstituierung eines Komitees für Gebärdensprache arbeiten, und wurden bereits an Laetitia Dumont-Lewi, Koordinatorin des italienischsprachigen Komitees, die diese Bemühungen federführend betreut, übermittelt. Weitere Kontakte können über das deutschsprachige Komitee hergestellt werden.
  • Die auf unserer Homepage vorgestellte Übersetzung der Stücke PLATIN/UNISONO von Abke Haring aus dem Niederländischen ins Deutsche von Christine Bais war in einer beeindruckenden AUDIOINSTALLATION zu hören (siehe Programm).
In Vorbereitung des Branchentreffs hat Charlotte Bomy eine Visitenkarte im Postkartenformat herstellen lassen, die uns ab jetzt zur Verfügung steht.
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EURODRAM, German Language Committee, CALL 2023 : Documents required

[German version]
Translation: Pauline Wick / Blažena Radas

Eurodram Selection 2023

Documents required for the submission of a translated play to the German Language Committee (Wolfgang Barth, vieuxloup@t-online.de):

The translated play in its German version (as a PDF or Word document)

A separate document (you can just copy-paste the form below, fill it out, print it out, sign it, scan it as a PDF and send it to the email address listed above) with the following information:

Title of the play (original and translated title): xxx
Playwright and playwright’s contact details: xxx
Translator and translator’s contact details: xxx
Source language: xxx
Place and time of writing: xxx
Place and time of translation: xxx

Short summary (approx. 5 – 10 lines)
Short introduction to the playwright and his/her previous work
Short introduction to the translator and his/her previous work

If applicable:

Publishing house: xxx
Place and time of the publication of the translation: xxx
Readings, premiere, productions of the translation: xxx
Funding or awards received for the translation: xxx
Already translated into other languages: xxx

Signed declaration (playwright/translator/publisher, if applicable):

As the owner of the rights, I (we) hereby permit that the translation of the play xxx may be passed on within the German-speaking committee to decide on the Eurodram 2023 selection. It may be used free of charge for readings within Eurodram events.

Place, Date                                                           Signature/Role

Back to Call

CALL 2023 FOR SUBMISSION OF SCRIPTS TRANSLATED INTO GERMAN – DEADLINE: 31th December 2022

[German version]
Translation: Pauline Wick, Blažena Radas

EURODRAM is a European network for drama in translation [1] aiming to promote exchange between translators, writers and the European theatre scene.

In 2022/23, the GERMAN LANGUAGE COMMITTEE will be accepting plays that have been translated into German.

The original script language can either be a European language, a language from the Mediterranean or a language from Central Asia. [2]

We are looking for contemporary translations, meaning the translation cannot be more than 5 years old. Please note that we will not accept translations that have already been submitted in previous years. The deadline for 2022/23 is the 31st of December 2022.

Who is eligible? Writers, translators and publishers are entitled to make submissions. Writers and publishers may submit one text only, while translators are allowed to submit one text per writer.

In submitting a translation, authors, translators and – if applicable – publishers agree that the translation may be passed on within the committee to help decide on this year’s selection. They also have to agree that the translation may be used free of charge for readings in connection with EURODRAM events. All this information as well as other necessary details are included in the document you can access via the link Documents.

The GERMAN LANGUAGE COMITTEE selects three texts from the submissions and publishes its selection on the 21st March 2023.

Through readings and discussions, EURODRAM intends to present the plays to the public – ideally with the writers and translators present. In the past, those events have been realised in cooperation with a variety of theatres in Germany and Austria, such as the Theaterhaus G7 in Mannheim, Theatre Drachengasse Vienna, Schauspiel Leipzig, the National Theatre Mannheim and the GERMAN National Theatre of Weimar, DNT (Kunstfest Weimar). We are working with Dramatiker/innenfestival Graz for presentation in 2023 (sponsorship presupposed).

We will propose the translators who win the selection to work on further translations into German of plays written in their language. Additionally, we try to arrange funding/scholarships for those translation projects.

Please send your text with the required documents to Wolfgang Barth, member of the coordination team of the German Language Committee, at vieuxloup@t-online.de.

The deadline for submissions is the 31st December 2022.

Plays that were originally written in German and have been translated into one of the other languages represented within the network may be submitted to the committee coordinator of the respective target language. Procedures and dates of the individual committees may differ. [3]

[1] European non-profit association (“association sans but lucratif” – ASBL) ; Luxembourg Business Registers Nr. F11931 ;
Statutes : http://eurodram.org/wp-content/uploads/2019/09/Eurodram-2019-statutes.pdf

[2] Texts written in a variety of an original European language spoken on other continents (American, Australian or Indian English, Central and South American Spanish or Portuguese, etc.) can unfortunately not be considered.

[3] For more information: http://eurodram.org/user-notice/  . Contact: http://eurodram.org/contact/